„Polizei größte Menschenrechtsorganisation in Deutschland“

(wf). „Und ist das Häuflein noch so klein, ein Platz im ‘Hessentext’ des Hessischen Rot…, Verzeihung: Rundfunks muss aber sein”, lautete der Kommentar eines Veranstaltungsteilnehmers beim Neujahrsempfang der Bürgerinitiative Pro Polizei Wetzlar im Bürgerhaus Büblingshausen. Und in der Tat können die Beziehungen der heimischen linken Szene zum „hr“ nicht die schlechtesten sein. Ansonsten ist rational kaum zu erklären – ideologisch aber sicher schon -, dass die Protestaktion von 18 (in Worten: achtzehn!) überwiegend jungen Menschen gegen den Redner, den Polizeigewerkschafts-Vorsitzenden Rainer Wendt, den Gründer und Vorsitzenden der BI Pro Polizei, Hans-Jürgen Irmer, und, in einem Aufwasch, gleich gegen den gesamten Verein Pro Polizei, noch am gleichen Nachmittag den Weg in den „Hessentext“ gefunden hat. Und das gleich, damit auch möglichst viele Hessentext-Leser Kenntnis von dieser gewaltigen Aktion nehmen konnten, für mehrere Tage.

Große Aufmerksamkeit für wenig Protestierer

250 Teilnehmer des Neujahrsempfangs, die sich wohl allesamt Sorgen um Zustand und Zukunft von Staat und Gesellschaft hierzulande machen, sind den für den hr-Text verantwortlichen Redakteuren selbstredend einer Erwähnung nicht wert. Wohl aber der teils in beleidigender Diktion vorgetragene Protest einer „Menge“ vor dem Veranstaltungsraum, die abzuzählen des Einsatzes von immerhin fast vier Händen bedurfte. Dabei nutzte der hr-Texter die wenigen Zeilen pflichtgemäß und wohl zur Freude der Mini-Protestbewegung (an der teilzunehmen und sie vermeintlich aufzuwerten sich wiederum der Linken-Landtagsabgeordnete Hermann Schaus die Ehre gab) zu dem unvermeidlichen kampfpolitischen Hinweis auf die „Schublade“, dass es sich bei Hans-Jürgen Irmer um den „CDU-Rechtsaußen“ handele.

Beruhigend klingt dann doch der letzte Satz des hr-Textes, dass es laut Polizei friedlich geblieben ist. Womit aber der möglicherweise unbedarfte Leser der hr-Mitteilung im Unklaren darüber gelassen wurde, ob die sichtbare Anwesenheit der Polizei die Demonstranten diszipliniert hat, oder ob es den Ordnungshütern wo-möglich gelungen ist, Übergriffe aus den Reihen der Neujahrsempfangsgäste oder der einladenden Bürgerinitiative Pro Polizei Wetzlar auf die Protestler zu verhindern.

Beschimpfungen sind keine Argumente

Scherz beiseite. Protestkundgebungen sind jedermann erlaubt. Dieses Recht zu schützen, gehört zur Aufgabenagenda der Polizei. Das Recht auf freie Meinungsäußerung beinhaltet in Deutschland auch, zu einer deftigen, auch durchaus beleidigenden Wortwahl greifen zu können, wobei deren Wahrheitsgehalt allerdings keinerlei Rolle spielt. Als „rechter Hetzer“, „Nazi“ oder in vielfältig anderer ehrabschneidender Weise betitelt und beleidigt zu werden, gehört in unserem Land zum Standard, wenn nicht zum „guten Ton“. Das weiß auch ein direkt gewählter Bundestagsabgeordneter und muss ebenso damit leben wie beispielsweise der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft.

Um es nochmals zu verdeutlichen: Bei der Veranstaltung handelte es sich um den mittlerweile 5. Neujahrsempfang der bei steigender Tendenz derzeit 900 Mitglieder großen und vor 24 Jahren gegründeten überparteilichen, weltanschaulich und religiös neutralen Bürgerinitiative – im besagten hr-text als „Verein des CDU-Rechtsaußen Irmer“ diffamiert -, bei dem Gäste aus der heimischen Kommunalpolitik unterschiedlicher politischer Couleur, aus zahlreichen Vereinen, Verbänden und Organisationen anwesend waren.

Sorgen um Zustand und Zukunft des Landes
Kriminalität: Starker Rechtsstaat muss Herr der Lage bleiben

„Wer heute Binsenweisheiten vertritt, sorgt bereits für Diskussionen und Aufregungen“, stellte Pro Polizei-Vorsitzender Hans-Jürgen Irmer bei seiner Begrüßung von Gästen, der Band „De Luxe“ aus Braunfels als musikalischer Begleitung des Neujahrsempfangs und im Blick auf den Gastredner Rainer Wendt fest. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft sei nun einmal ein Mann klarer Kante, offener Worte und deutlicher Sprache, der für einen „starken Staat“ und eine wehrhafte Demokratie eintrete, um diesen damit zum Wohle seiner Bürger zukunftssicher zu machen.

„Ohne Sicherheit keine Freiheit“ ist auch das Credo des Bundestagsabgeordneten Irmer, der diese Sicherheit angesichts von rund 4000 Fällen alleine in Hessen in den vergangenen zwölf Monaten, bei denen Polizeibeamtinnen und -beamte Opfer von „Behelligungen bis hin zu Gewalt“ wurden – bundesweit wurden 79.000 Fälle, darunter 12.000 gegen Bundespolizeibeamte aktenkundig – als zumindest deutlich gefährdet ansieht. Hinzu komme eine zunehmende Gewalt gegen Rettungskräfte und Angehörige der Feuerwehren im Einsatz.

Den Anfängen endlich wehren

„Diese Angriffe sind Angriffe auf den Staat – und sie sind nicht akzeptabel“, machte Irmer deutlich, um zugleich aufzurufen, den Anfängen zu wehren. Der Staat, sprich der Gesetzgeber, dürfe zum Beispiel in Sachen Vermummungsverbot „keine falschen Signale“ senden, wie sie derzeit von Parteien des linken Spektrums ausgesendet würden. „Demonstrationen? Ja, natürlich. Aber mit offenem Visier. Wer sich vermummt, führt nichts Gutes im Schilde!“ Irmer forderte die Justiz auf, den bestehenden Rechtsrahmen wirkungsvoller auszunutzen, wenn es um die Ahndung von Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Demonstrationsrecht gehe. Es sei richtig und ausdrücklich zu begrüßen, dass rechtsextreme Gewalt durch entsprechende Urteile hart in die Schranken verwiesen und bekämpft würden. Leider werde aber nach seiner Erfahrung der Linksextremismus und seine Folgen in unserem Land vergleichsweise milde be- und verurteilt.

Mittelhessens Polizeipräsident Bernd Paul, neben Wendt zweiter Gastredner des Neujahrsempfangs, nannte die zunehmende Zahl von Übergriffen gegen Polizeibeamte in Deutschland eine „Unkultur, die fassungslos macht“. Im Gegensatz dazu sei es „wohltuend, unter Menschen zu sein, die zu und hinter ihrer Polizei stehen und auf diese Weise an der Sicherheit mitarbeiten“. Paul dankte der Bürgerinitiative Pro Polizei Wetzlar ausdrücklich für die ideelle und materielle Unterstützung der lokalen Polizei in den letzten fast zweieinhalb Jahr-zehnten. Die Unterstützung durch die Gesellschaft und aus der Bürgerschaft heraus sei ein wichtiger Baustein für eine effektive Arbeit der Polizei.

Position beziehen

Angesichts von Intoleranz und Hetze von Linksaußen wie Rechtsaußen, von Rassisten und Scharfmachern und einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft stehe die Polizei vermehrt „zwischen den Polen“ und müsse „ausbaden“, was sie nicht zu verantworten habe. Die durch die Medien gegangenen Vorfälle in der Silvesternacht in Leipzig seien dafür nur eines von vielen Beispielen. „Wir dürfen zu der Entwicklung nicht schweigen, sondern müssen Position beziehen“, so der mittelhessische Polizeipräsident, der damit dem nachfolgenden Hauptredner Rainer Wendt mehr als nur ein Stichwort lieferte.

Wendt griff die Leipziger Ereignisse auf und sprach von einer „seltsamen medialen Debatte“, in der öffentlich diskutiert werde, ob der schwer verletzte Beamte „notoperiert“ oder nur „dringend operiert“ wurde. Dies impliziere: „War alles nicht so schlimm.“ Wendt kritisierte jene Politiker scharf, die behaupten, die Polizei habe die Übergriffe provoziert, zum Beispiel durch ihre „martialische Bekleidung“. Wer aber als Politiker ernstlich moniere und kritisiere, dass die Polizei bei einem Einsatz in Dienstkleidung und entsprechender Ausrüstung auftrete, „der soll zum Arzt gehen, denn der hat sie nicht mehr alle.“

Polizei hinterfragt sich! – die Parteien auch?

Die Polizei und ihre Führung stellen sich nach jedem Einsatz selbst die Frage: „Haben wir alles richtig gemacht?“ Es seien die politischen Parteien in Deutschland, „die dieses Maß an Selbstreflexion dringen brauchen“, so Wendt. Die Polizei habe die Aufgabe, Demonstrationen in diesem Land zu schützen. „Wir sind froh, in einem Rechtsstaat zu leben, in dem das der Fall ist. Müsse dabei, wie das in vielen Fällen Realität und unvermeidbar sei, rechtmäßig Gewalt angewendet werden, dann ist diese laut Wendt keinesfalls mit rechtswidriger Gewalt gegen die Polizei im Dienst gleichzusetzen. schrieb der Polizeigewerkschafter vor allem Politikern linker Parteien ins Stammbuch.

Laut Rainer Wendt nimmt die „Kriminalitätsfurcht“ der Menschen in Deutschland zu, was sich schon in der steigenden Angst vor der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel dokumentiere. Zugleich entwickele sich die offizielle Kriminalitätsstatistik positiv. „Das eine aber hat mit dem anderen nichts zu tun“, ist sich Wendt sicher. Die Furcht der Bundesbürger vor Kriminalität entwickele sich aus der Summe und dem Zusammenwirken zahlreicher Aspekte. Dazu zählten sicher auch der immense Medienkonsum und eine nie da gewesene Informationsflut.

Warnung vor Kontrollverlust

Vor allem aber ängstige der Kontrollverlust des Staates in bestimmten Feldern, zum Beispiel bei der Zuwanderung. „Man kommt ohne Papiere nach Deutschland hinein, aber nicht mehr hinaus.“ Ausgewiesene und Abgeschobene seien schnell wieder im Land. Es scheine, als sei der Staat handlungsunfähig, ziehe sich zurück und nehme seine Aufgaben nicht mehr wahr. In Berlin würden Drogendealern von Staats wegen „Stellplätze im Görlitzer Park“ zugewiesen, wo sie dann ihren illegalen Geschäften nachgehen könnten. „Drogendealer be-kommen in anderen Ländern keine Stellplätze, sondern Haftplätze“, wetterte Wendt.

Hinzu kämen 30 bis 50 bekannte Terrororganisationen im Land, radikalisierte Kleinstgruppen und Einzeltäter. Deutschland sei nicht nur Aktions-, sondern auch Rückzugsraum für Terroristen. Und nicht zu vergessen die Realität von Rechtsextremismus und rechter Gewalt. Gegen diese müsse Deutschland „alle Register ziehen“ können. Es sei wichtig, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz dafür besser ausgerüstet und ausgestattet werde. Die Abteilung gegen Rechtsextremismus im BKA gehe auf den früheren Chef Hans-Georg Maaßen zurück, den Wendt als „aufrechten Demokraten und angenehmen Menschen“ beschrieb. Maaßens Entfernung aus dem Dienst und die dabei erhobenen Vorwürfe seien falsch und die „grottenschlechte Behandlung aus dem Kanzleramt eine Schweinerei“ gewesen.

Viele Probleme – wenig einheitliche Strukturen

Ein besonderes Problem ist laut Polizeigewerkschaftschef die Clan-Kriminalität. „Diese Banden werden erst dann erfolgreich bekämpft, wenn deren Mitglieder, die nicht nach Deutschland gehören, nicht mehr da und die anderen hinter Schloss und Riegel sind.“ Dazu sei aber ein langer Atem nötig, „weil wir 40 Jahre zugeschaut haben“.

Dem stehe ein „buntes Durcheinander“ von Zuständigkeiten in der Terrorismusbekämpfung gegenüber. Das alles habe Einfluss auf die Kriminalitätsfurcht der Bürger. Die Polizei muss laut Wendt endlich wieder „den öffentlichen Raum besetzen und flächendeckend anwesend sein“. Wenn dies, wie das Beispiel Berlin zeige, nicht mehr der Fall sei, dann gebe es „weiße Flecken, in denen Kriminelle das Sagen haben – das aber darf nicht sein“, machte Wendt deutlich.

Politik muss hinter der Polizei stehen

Die BKA-Statistik belege, dass viele „Schutzsuchende“ in zahlreichen Kriminalitätsfeldern überrepräsentiert sind. Auch hierzu hat Wendt eine klare Sicht: „Wer in unser Land kommt und meint, hier Polizei und Rettungskräfte attackieren zu müssen, der darf erst dann wieder in Freiheit sein, wenn er den Boden seines Heimatlandes betritt.“ Bei all den vielfältigen Aufgaben, zahlreichen Problemen und zunehmenden Schwierigkeiten, denen sich die Polizei stellen müsse, erwartet Wendt „vom Dienstherrn“, dass er sich zuerst hinter die Polizei stellt. „In Hessen ist das der Fall, in Bayern und NRW ebenso.“

Was ist also in 2020, einem „Jahr der Entscheidungen“, zu tun? Wendt hofft auf eine Stärkung der Demokratie und des Parlamentarismus und lobt dabei den Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Irmer, der „mit wachem Verstand und klarer Botschaft in Sachen Sicherheit unterwegs ist“. Der Bundestag, die gewählten Abgeordneten, müssten wieder eine größere Rolle spielen: „Anweisungen aus dem Kanzleramt dürfen das Parlament nicht binden.“ Wendt forderte ein „Zurück zum Verfassungsauftrag“, das Parlament müsse daher wieder unabhängiger von Regierungen und Parteivorständen werden.

In Stärkung von Polizei und Rechtsstaat investieren

Polizei und Verfassungsschutz brauchen laut Wendt bessere Technik und ausreichendes Personal. Dazu gute Gesetze und endlich einheitliche Maßstäbe und Strukturen in der Kriminalitätsbekämpfung. Dass die Polizei nicht auf vorhandene Maut-Daten zugreifen könne, sei ein Unding. Die Telefonüberwachung müsse leistungs-fähiger gemacht und die Bekämpfung der Cyber- und Internetkriminalität intensiviert werden.

Einen „wachen Blick“ verdienten auch die Medien im Lande. „Die öffentlich-rechtlichen Medien haben nicht die Aufgabe, mich zu belehren, zu erziehen oder mir gar eine bestimmte politische Agenda aufzuoktroyieren.“ Sie sollten ihn „mit ihrer politischen Propaganda in Ruhe lassen“. Es sind laut Wendt, der sich im Übrigen für die Abschaffung des Rundfunkzwangsbeitrags aussprach, „informationelle Sanktionen“, die die formal in Deutschland herrschende Meinungsfreiheit einschränkten. „Realitäten und Missstände zu verkleistern, hilft aber nicht weiter.“ Wendt wünscht sich eine Stärkung der Polizei – mit 270.000 Bediensteten die „größte Menschenrechtsorganisation Deutschlands“ -, sämtlicher staatlicher Institutionen und der gesamten öffentlichen Verwaltung. Dazu zähle vor allem auch die Justiz. So seien beispielsweise die Staatsanwaltschaften wegen Personalmangels zunehmend nicht in der Lage, Anklageschriften in den erforderlichen Fristen zu erstellen, was zur Entlassung vieler U-Häftlinge führe.

Die Probleme endlich ernster nehmen

„Weniger Klamaukpolitik“, dafür eine ersthafte Beschäftigung mit den Problemen der Menschen, das ist laut Wendt ein erstrebenswertes Ziel in diesem und in den Folgejahren. Als aktuelles Beispiel führte er die Klimapolitik ins Feld. Gesunden Menschenverstand anwenden und Augenmaß walten lassen, müsse die Devise lauten. „Ansonsten ruinieren wir unsere Wirtschaft.“ Klimaschutz lerne man nicht auf der Straße, sondern in der Schule. Wenn die Politik zu Vernunft und einem klarem, an den Notwendigkeiten orientiertem Handeln zurückkehre, dann, so hofft und wünscht sich Rainer Wendt, „kann es ein gutes Jahr 2020 werden“.

Und übrigens: Seine Beitrittserklärung zur Bürgerinitiative Pro Polizei Wetzlar hat der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft im Laufe des Neujahrsempfangs im Bürgerhaus Büblingshausen ebenfalls ausgefüllt.