190 Staaten im Kampf gegen das Verbrechen

Im Jahr 1914 haben einige Staaten im Monaco eine verstärkte Kooperation zur Bekämpfung der Kriminalität vereinbart. Das war im Prinzip die Geburtsstunde von Interpol. Deutschland trat 1923 dem Verbund bei. Heute gehören 190 Staaten zu Interpol. Hauptaufgabe ist die Analyse und Vernetzung von Daten, die aus den Mitgliedsstaaten kommen, so dass Bewegungen von Kriminellen verfolgt werden, Warenströme belegt und Schwerpunkte lokalisiert werden können. All diese Erkenntnisse gehen an die nationalen Sicherheitsbehörden, die dann entsprechend erfolgreich zuschlagen können. Das Betätigungsfeld beinhaltet Organisierte Kriminalität, Geldwäsche, Menschenhandel, Drogenhandel, illegale Migration.

Die Bürgerinitiative „Pro Polizei Wetzlar“ war jetzt vier Tage zu Gast in Lyon, um sich von den Verantwortlichen von Interpol über deren aktuelle Arbeit informieren zu lassen. Ein schönes Rahmenprogramm, für das Horst und Conny Nies verantwortlich zeichneten, mit Stadtrundfahrt, Saone-Fahrt und Besuch eines Weinguts rundete diese gelungene Fahrt ab. Bernd Günther, Koordinator der Europäischen Union bei Interpol, hatte die über 40 Pro-Polizei-Mitglieder begrüßt. Vorsitzender Hans-Jürgen Irmer bedankte sich bei Professor Jürgen Stock, dem Generalsekretär von Interpol, für die Möglichkeit, Interpol zu besuchen. Stock, so Irmer, sei den Wetzlarer in mehrfacher Hinsicht kein Unbekannter. Er habe in Wetzlar an der Goetheschule sein Abitur gemacht und seine Jugend dort verbracht. In seiner Eigenschaft als ehemaliger Vizepräsident des Bundeskriminalamtes (BKA) habe er bei Pro Polizei Vorträge gehalten, bevor er zum Generalsekretär und damit zum mächtigsten Mann bei Interpol berufen wurde.

Stock erläuterte den Gästen aus der Heimat die Arbeitsweise der Behörde in Lyon, die dort rund 550 Mitarbeiter hat, darunter ca. 100 Nationalitäten. Verkehrssprache ist Englisch, alles Spezialisten, die rund um die Uhr die Weltlage beobachten, Informationen austauschen und gezielt weitergeben. Neben den klassischen Kernaufgaben habe man sich notgedrungen auch dem internationalen Terrorismus und Islamismus zuwenden müssen. So seien rund 5.000 Islamisten aus Europa im Nahen Osten, darunter ca. 800 aus Deutschland, von denen rund 250 zurückgekehrt seien. Die Beobachtung und Kontrolle, so Stock, dieser Menschen sei eine Herausforderung. Darüber hinaus habe man im Rahmen der Flüchtlingskrise Tausende gestohlener syrischer Pässe gefunden. Diese würden in Datenbanken abgespeichert, weil sie dazu dienen könnten, missbräuchlich benutzt zu werden.

Um die Arbeit regional einigermaßen anbinden zu können, habe man Schwerpunkt- und Verbindungsbüros weltweit, die ihrerseits bestimmte Qualitätsschwerpunkte zu bearbeiten hätten. Es sei eine unglaublich spannende und herausfordernde Tätigkeit, denn man habe es mit unglaublich unterschiedlichen Kulturen, Gewohnheiten, Rechtsprechungen, unterschiedlichsten Datenschutzauflagen und anderem mehr zu tun. All dies müsse bei der Arbeit berücksichtigt werden, was die Arbeit nicht immer einfacher mache.

Der Vorteil sei, dass man aus rund 100 Ländern Spezialisten in Lyon habe, die wiederum den direkten Draht zur jeweiligen Heimatbehörde hätten. Für Deutschland betreue das Bundeskriminalamt mit Sitz in Wiesbaden die nationalen Aufgaben. Darunter seien die Landeskriminalämter angesiedelt und als Zwischenstück sozusagen zwischen BKA und Interpol Europol in Den Haag, das sich schwerpunktmäßig auf Europa konzentriere. Gleichwohl müsse man im Hinblick auf die Interoperabilität, also die Vernetzung spezifischer Teilermittlungen, noch besser werden. Dies habe auch jüngst der Bundesinnenminister zum Ausdruck gebracht. Hier gebe es noch Verbesserungsmöglichkeiten.

Mit einem Gastgeschenk bedankte sich Pro Polizei Wetzlar für Organisation, Führung, Vortrag und Diskussion. Eine viertägige Fahrt, bei der man auch die Schönheiten Lyons näher kennenlernen konnte, ging viel zu schnell vorbei.